750 Jahre Geschichte

Klosterruine Berlin von 1271 bis heute

Die Dokumentarfilmerin Johanna Ickert hat in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Berlin und dem Fachbereich Kunst, Kultur und Geschichte des Bezirksamts Mitte von Berlin die wechselhafte Geschichte des Standortes mit sehenswerten Bildaufnahmen und historischen Dokumenten in einem Kurzfilm aufgezeigt.

Die Ruine der Franziskaner Klosterkirche gilt als letztes Zeugnis mittelalterlicher Klosterkultur in Berlin. Als erstes vollständig in Backstein ausgeführtes Bauwerk markiert ihre Errichtung den Beginn der regionalen Entwicklung der Backsteingotik. Ihre wechselvolle Bau- und Nutzungsgeschichte spiegelt die ereignisreiche Geschichte Berlins wider und rückt zu Beginn des 21. Jahrhunderts durch die politischen Debatten um die historische Mitte Berlins und die städtebaulichen Planungen am Molkenmarkt wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit.

Ende 13. Jahrhundert – Entstehung der Franziskaner Klosteranlage
Mönche des Bettelordens der Franziskaner errichten ab Ende des 13. Jahrhunderts die Klosterkirche, nachdem ihnen die brandenburgischen Markgrafen 1271 das Grundstück geschenkt hatten. Der Bau der Klosteranlage wird durch die Schenkung einer im nahegelegenen Tempelhof ansässigen Ziegelei im Jahr 1290 durch den Ritter Jacob von Nebede zusätzlich befördert.

1539 – Säkularisierung und Nutzung als Druckerei
Im Zuge der Reformation wird Berlin/Cölln im Jahre 1539 protestantisch und das Berliner Franziskanerkonvent aufgelöst; die Mönche erhalten allerdings lebenslanges Bleiberecht in der Klosteranlage. Der letzte Franziskanermönch, Bruder Peter, stirbt 1571. In den darauffolgenden Jahren ist der Alchimist und kurfürstliche Leibarzt Leonhard Thurneysser im Kloster ansässig. Er richtet hier die erste Druckerei Berlins ein, die Schriftstücke in unterschiedlichen Sprachen anfertigen konnte. Zudem gründet er das erste naturwissenschaftliche Laboratorium Brandenburgs, für das er einen botanischen Garten anlegt und exotische Tiere im Klosterhof hält.

1574 – Das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster
Der Landesherr Kurfürst Johann Georg von Brandenburg weiht auf dem Gelände 1574 das erste Gymnasium Berlins ein, das Gymnasium zum Grauen Kloster: Der Schule werden die Kirche, das Refektorium und das Beichthaus, ein Teil des Gartens mit dem Kreuzgang und der Kirchhof zur Nutzung zugewiesen. Berühmte Schüler und Lehrer waren u. a. Karl Friedrich Schinkel, Friedrich Ludwig Jahn und Otto von Bismarck.

19. Jahrhundert – Umbaumaßnahmen
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befindet sich der Gebäudekomplex in einem schlechten Zustand; u. a. Karl Friedrich Schinkel und Christian Gottlieb Cantian legen Pläne für die notwendigen Renovierungsarbeiten vor. In den folgenden Jahrzehnten werden umfassende Umbaumaßnahmen und Restaurierungsarbeiten durchgeführt: So wird der Nordflügel für eine Sternwarte und eine Aula umgebaut und die Klosteranlage durch ein mehrgeschossiges Lehrerwohnhaus sowie eine Turnhalle an der Littenstraße ergänzt. Im Jahr 1902 muss die Kirche aufgrund von Schäden durch eindringende Feuchtigkeit geschlossen werden; 1936 wird sie wiedereröffnet und erneut als Gotteshaus genutzt.

1945 – Zerstörung der Klosteranlage
Im April 1945 wird die Klosteranlage bei Bombenangriffen stark beschädigt: Von der Kirche erhalten bleiben im Wesentlichen die Umfassungsmauern auf der Nord-, Ost- und Westseite; auf der Südseite werden das Seitenschiff und ein Teil der Kirchenschiffmauern zerstört. 1947 rettet der damals 13-jährige Peter Rohrlach 6.000 Bücher aus dem Bestand der in Trümmern liegenden Schulbibliothek.

Ab 1951 – Städtebauliche Neusortierung und kulturelle Nutzung
Im Zuge von U-Bahnbauarbeiten im Jahr 1951 werden die Nordwestecke des nördlichen Seitenschiffs und dessen Außenmauer abgetragen; die Spitze des Westgiebels stürzt ab. Infolge der Verbreiterung der Grunerstraße werden 17 Jahre später weitere Reste der Klosteranlage abgerissen; die Umgebung der Klosterkirchenruine wird zu einer Grünanlage umgestaltet. Sanierungen an der Ruine der Franziskaner Klosterkirche finden in den 1980er-Jahren, für die 750-Jahrfeier Berlins im Jahr 1987 sowie in den Jahren 2002 bis 2005 statt.

Eine kulturelle Nutzung des Baudenkmals beginnt 1982: Ostberliner Bildhauer*innen laden zu selbstorganisierten Skulpturenausstellungen ein, die ab 1992 durch den Förderverein Klosterruine e. V. fortgeführt werden. 2016 geht die bauliche sowie programmatische Zuständigkeit an das Bezirksamt Mitte von Berlin, Fachbereich Kunst, Kultur und Geschichte über; seither werden Künstler*innen eingeladen, neue Perspektiven auf und für die Ruine der Franziskaner Klosterkirche zu öffnen.

Fotos zur Verfügung gestellt vom Landesdenkmalamt Berlin.

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Modell der Franziskaner Klosterkirche, Foto: Bezirksamt Mitte von Berlin