Unfinished Histories Vol. VI

»THE BETTER ALCHEMISTS. CONTEMPORARY ARTISTS RESPOND TO LEONHARD THURNEYSSER« HAYTHAM EL-WARDANY UND MONIKA RINCK Vol V. des mehrteiligen Ausstellungsprojekts bezieht sich auf die alchemistischen Rätsel von Leonhard Thurneysser, der im 16. Jahrhunderte in der Klosterruine lebte und eine Druckwerkstatt betrieb. Vol VI.führt dies weiter und stellt zeitgenössische Reaktionen zu Thurneyssers Arbeit von Haytham El-Wardany und Monika Rinck vor. Kuratiert von Katja Kynast und Hauke Zießler Produktionsleitung: Carolina Redondo 31.5.2020 16 – 18:30 Uhr The Better Alchemists in Dialogue. Vortrag, Lesung und Gespräch mit Haytham El-Wardany, Jasmin Mersmann, Monika Rinck Hosted by Babes Bar mit „Libations“ Moderiert von Paz Guevara 16 Uhr Vortrag: Jasmin Mersmann „Hyperphysik, oder: Die Transmutationen des Leonhard Thurneysser zum Thurn“ 17 Uhr Lesung und Gespräch: Haytham El-Wardany „True Fables“ und Monika Rinck „Goldes Wert“ Aufgrund der aktuellen Situation sind die Besucher*innenzahlen limiert. Bitte anmelden unter info@klosterruine.berlin

Ausstellung

01. Feb – 31. Mai 2020

Wann spricht ein Stein? Ein Stein spricht, wenn eine Situation so unmenschlich wird, dass die Menschen keine Worte mehr dafür haben. Und wann sprechen ein Esel, eine Ratte, eine Grille und eine Schildkröte? Sie sprachen im 8. Jahrhundert in einem Buch mit Fabeln namens Kalila Wa Dimna, das von Hindi in Farsi und später von Farsi ins Arabische übersetzt wurde. Hier sprachen sie nicht nur, um Moral zu lehren, sondern auch, um einen sozialen Antagonismus zwischen denen, die die Sprache richtig sprechen können, und denen, die es nicht können, zu artikulieren. Sprechen die Tiere heute noch? Wer weiß das schon? Aber in Krisen- und Gefahrenmomenten wie den unseren müssen wir geduldig lauschen, vor allem auf das Schweigen derer, die zum Schweigen gebracht werden. Vielleicht finden wir dann eine Sprache, die uns retten kann. Dies sind die Fragen, mit denen sich Haytham El-Wardanys »True Fables« beschäftigen. Langversion von El-Wardanys »True Fables«

Sein Vater war Goldschmied, nach ihm ist im Berliner Wedding eine Straße benannt: Leonard Thurneysser, gelehrter Mann und Scharlatan. 1531 in Basel geboren, 1596 in Köln gestorben, verbrachte er viele Jahre in Berlin. Seine Arbeit bewegte sich auf verschiedenen Wissensfeldern, die teils ineinander übergingen: Pharmazie, Chemie, Metallurgie, Botanik, Mathematik, Astrologie, Astronomie, Typographie, Hüttentechnik und Medizin. Die Grenzen zwischen Wissenschaft und Magie waren damals noch viel durchlässiger als heute angenommen wird. Zur Vereinigung all dieser Tätigkeiten, bot sich das Berufsbild des Alchemisten an, dessen Bestreben grobgesagt darin besteht, ewigem Leben und unendlichem Reichtum ohne große Anstrengungen näher zu kommen. Die Autorin Monika Rinck beschäftigt sich in ihrer Textinstallation »GOLDES WERT« mit Leben und Werk des berühmten ehemaligen Bewohners der Klosterruine Berlin und fragt nach Aktualität und Obsoleszenz menschlicher Wünsche.
Langversion von Rincks »GOLDES WERT«

Der Autor Haytham El-Wardany wurde in Kairo, Ägypten geboren und lebt in Berlin. Sein neuestes Buch „The Book of Sleep“ („Das Buch des Schlafes“) wurde 2017 bei Alkarma in Kairo herausgegeben. Im Jahr 2013 veröffentlichte er „How to Disappear“ („Wie man verschwindet“) bei der arabischen Verlagsinitiative Kayfa-ta (Wie man). Das Buch befasst sich mit dem Wesen des Zuhörens und versucht, die Potenzialität passiver Tätigkeiten auszuloten. Derzeit beschäftigt sich El-Wardany mit dem Vermächtnis antiker Märchen sowie mit sprechenden Tieren als politische Geschöpfe.

Monika Rinck wurde 1969 in Zweibrücken geboren. Sie studierte Religionswissenschaft, Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft in Bochum, an der FU Berlin und an der Yale University. Künstlerisch bewegt sie sich auf unterschiedlichsten Gebieten. Bereits während des Studiums entwickelte sie eine Vorliebe für interdisziplinäre und intermediale Grenzüberschreitungen: Rinck ist Lyrikerin, Essayistin, Mitglied der Aktionsgruppe „Das Lemma“, Schauspielerin in der fiktionalen Doku-WG-Soap “Le Pingpong d’Amour”.
In ihrem begriffsstudio, einem “work in progress” im Internet (eine erste Auswahl ist in Buchform 2001 erschienen) “archiviert und sondiert sie merkwürdige Begriffsprägungen und Wortbildungen”, schreibt der Kritiker Michael Braun, “die uns der Medien-Alltag zuspielt”. Um diese Bruchstücke herum entsteht ein freudig hybrides Konvolut zwischen poetischem Tagebuch und Gegenwartslexikon.

Das Programm ist Teil der mehrjährigen Reihe »Unfinished Histories«, in der das Verhältnis von Geschichte zum Poetischen erforscht wird. Mittelpunkt der Ausstellung ist eine multimediale LED-Installation auf der Innenfläche der Klosterruine. Begleitend werden Langversionen der Texte sowie weitere Informationen auf der Webseite zur Verfügung gestellt.